Mein Interview mit Fotografin Zuzu Birkhof

Ihre Karriere begann in der Werbe- und Modewelt, sie hat Werbekampagnen für namhafte Auftraggeber produziert. Das sieht man den Bildern von Zuzu Birkhof an. Die Aufnahmen der studierten Fotografin atmen den Spirit von Modeshootings und zeigen Paare voller Sinnlichkeit. Als die zweifache Mutter in die Hochzeitsbranche wechselte, wunderten sich Kollegen und Freunde erst einmal über diese Entscheidung. Mittlerweile ist klar, dass Zuzu Birkhof, unter anderem gemeinsam mit Fine Weddings & Parties, die Branche im deutschen Luxussegment umgekrempelt hat. Die 37-jährige Wahlberlinerin ist eine der wenigen Profis, die in die Hochzeitsbranche wechselten und ihren Erfolg nahtlos in die Highend-Liga übertragen konnte. Ihre Bildsprache verzichtet auf jegliche Attitüde, ihre Hochzeitsreportagen zeugen von Gespür für den Moment. So entstehen Erinnerungen von zeitloser Schönheit, die über jede Vergänglichkeit erhaben sind. Im Interview mit Nadine Metgenberg erklärt Zuzu Birkhof, inwiefern Fotografen immer auch Psychologen sein müssen. Und warum sie die Sehnsucht nach Mainstream-Hochzeitsfotos bewusst nicht bedient. Ein Gespräch über die Kunst, einen unverwechselbaren Stil zu kreieren.

Was macht deine Arbeit aus, woran erkennt man Zuzu-Bilder?

Ich komme aus dem Mode- und Comercialbereich, das spiegelt sich in meiner Bildsprache: Die Fotos tragen diesen Bridal-Fashionstempel und sind zugleich sehr weiblich. Ich fotografiere gern Frauen, und mag es, sie auf eine geschmackvolle Art sinnlich darzustellen. Frauen fühlen sich gut bei mir aufgehoben, weil ich darauf achte, dass sie positiv und schön rüberkommen. Manchmal lasse ich mir zuvor ein paar Bilder schicken, auf denen sie sich gefallen, um eine Gespür dafür zu bekommen, wie sie sich selbst am liebsten sehen.

Ist das der Grund, warum Deine Paare meist rüberkommen wie Models?

Ich gebe immer mein Bestes, damit sie sich schön fühlen und sich selbst gefallen, und habe einen Blick dafür, wie Leute vor der Kamera am besten wirken. Dazu muss man weder Model sein noch braucht es dazu Konfektionsgröße 34. Jeder Mensch ist auf seine Art schön. Mein Job ist ja nicht, eine journalistische Strecke zu fotografieren, sondern das Beste aus dem Tag hervorzuheben und möglichst ästhetische Bilder zu liefern, indem ich z.B. auf die Perspektive achte. Es versteht sich von selbst, dass ich eine Person mit breiter Statur nicht mit Weitwinkel und eine Frau mit Doppelkinn nicht von unten ablichte. Was am Ende nicht gut aussieht, wird gelöscht. Niemand wird bloßgestellt. Alle sollen sich wohlfühlen.

Auf Hochzeitsfotos hat man oft den Eindruck, dass sie ein bisschen gestellt wirken – wie gehst du diese Herausforderung an?

Anweisungen zu geben, nach dem Motto „Leg deinen Kopf auf die Brust von Andreas“ oder „Jetzt heb die Susanne mal hoch“, das wird eigentlich nie was. Es sieht einfach albern aus, wenn die Personen vor der Kamera das im Alltag nie machen. Das führt nur zu Steifheiten und es kommt eine komische Stimmung auf. Ich achte darauf, wie Paare körperlich miteinander umgehen, wie mutig sie sind, und stelle mich auf sie ein. Und ich fordere sie auf, sich eine Zeit lang selbst zu beobachten und das dann umzusetzen. Manche brauchen ein paar Tipps, andere wissen genau, was sie wollen. Eine gute Menschenkenntnis ist hilfreich, damit man versteht, wie die Brautleute ticken und wie es am besten funktioniert. Als Fotografin bin ich daher immer auch ein bisschen Psychologin. Vor allem aber sehe ich es als meine Aufgabe, die beiden zum Lachen zu bringen, das liegt mir eindeutig am meisten.

Manche Gastgeber versuchen eine lockere Atmosphäre auf den Bildern zu schaffen, indem sie bewusst nur mit Handy und Polaroidkameras fotografieren oder Einwegkameras an die Gäste verteilen …

In meinem Kundenkreis ist dies nicht so üblich. Die Gäste und das Brautpaar konzentrieren sich ganz und gar auf den Hochzeitstag und die Feierlichkeiten, das Fotografieren übernehmen die Profis. Ich arbeite mit einem Team aus unterschiedlichen Fachleuten. Je nach Umfang, Dauer der Veranstaltung und individuellen Wünschen kann man mich mit einem Assistenten oder einem weiteren Fotografen buchen. Wenn gewünscht, drehen wir auch Videos.

Wie gehst Du konkret vor?

Ich erhalte vorab vom Hochzeitsplaner – zum Beispiel von dir – einen sehr detaillierten Ablaufplan, so dass ich mir zuvor ein paar Gedanken zur Fotoreportage machen kann. Im Laufe des Tages begleite ich das Paar durch das gesamte Programm – angefangen bei den Vorbereitungen, das Umkleiden, die Trauung und das Paarshooting bis hin zum Hochzeitsfest. Ich bin immer dabei, manchmal ohne, dass die anderen mich bemerken. Ich spreche nur wenig, passe mich an die Bedingungen an und fange die Stimmungen auf. Ich bin quasi das dritte Auge.

Werden die Brautleute zuvor professionell gestylt?

Es ist auf jeden Fall eine sehr gute Idee, das am Hochzeitstag nicht selbst zu übernehmen, sondern sich in professionelle Hände zu geben.

Inwiefern haben sich die Erwartungen verändert, welchen Ansprüchen musst Du als Fotografin gerecht werden?

Meine klare Aufgabe ist zunächst einmal, die individuelle Geschichte des Paares festzuhalten. Wunderschöne, aber vergängliche Momente einzufangen. Durch meine Fotos erleben Paare einerseits ihre eigene Hochzeit immer wieder. Andererseits erleben sie aber auch Momente ihrer Hochzeit, die bisher verborgen geblieben sind. Beispielsweise kann der Bräutigam sehen, wieviel Spass seine Braut mit ihren Mädels beim „Getting Ready“ hatte. Oder die Braut sieht später erst, wie aufgeregt ihr Mann war, als er auf ihre Ankunft gewartet hat. Viele Szenen von Gästen erleben die Brautleute auch erst später durch meine Fotos, einfach weil für sie selbst am Hochzeitstag so viel passiert und sie gar nicht überall gleichzeitig sein können.

Die Erwartungen sind aber auch ganz klar gesteuert von sozialen Medien wie Pinterest und Instagram. Da haben sich Trends entwickelt, die die Kunden auch für sich wollen. Es gibt Bräute, die wollen aussehen wie die Frauen auf den Bildern oder identifizieren sich mit den Models oder Celebrities.

Ich fange mit meinen Bilder ein, was das Paar ausmacht. – Und kreiere keinen einheitlichen Content für meinen Instagram Feed. Ich erarbeite für jedes Paar einen individuellen Look.

Wie stehst du zu Presets – diesen standardisierten Anwendungen und Voreinstellungen für Hochzeitsbilder?

Für die Arbeit im Luxus-Sektor ist mir das als Dienstleistung zu schwach. Dafür sind sie einfach nicht gut genug. Außerdem sieht dadurch alles gleich aus, ein Einheitsbrei. Sicher, solche Fotos lassen sich wunderbar auf Instagram posten, aber individuell ist das nicht. Zwar habe auch ich einen Basislook, doch ich passe ihn an jedes Paar, jede Location und die jeweilige Jahreszeit an, genau wie Hauttöne und Haarfarbe der Personen. Solche Anforderungen lassen sich nicht mit einem einzigen Preset befriedigen, das funktioniert nur mit mehreren unterschiedlichen Programmen – und das dürfen meine Kunden auch von mir erwarten.

Also keine Presets, kein Insta-Kram. Was bekommen deine Kunden für ihr Geld?

Ich achte darauf, dass das Material immer auch printfähig und damit zeitlos bearbeitet ist. Manche Bilder funktionieren zum Beispiel durch einen extrem körnigen Filter als Instagram-Post, aber der Kunde kann sich dieses Bild nicht in Großformat an die Wand hängen. Mein Ziel ist, zeitlose Eleganz, dass man sich die Bilder heute genauso gern ansieht wie in zehn Jahren. Ich verzichte zum Beispiel lieber darauf, die Farben zu entsättigen. Angenommen, der Garadasee ist blau und die Vegetation grün, warum soll ich dann Blau oder Grün rausnehmen? Natürlich werden die Bilder bearbeitet und retuschiert, aber am liebsten so, dass die Veränderungen nicht sichtbar sind. Jeder Eingriff, der von der Realität abweicht, unterliegt einem zeitlich begrenzten Trend. Jetzt gerade sollen Fotos mit einem bestimmten Preset wirken, aber was ist zehn Jahre später? Im Grunde ist es wie in der Mode – da wird einem auch erst nach einem gewissen zeitlichen Abstand bewusst, dass ein Trend, der damals total angesagt war, heute nicht mehr tragbar ist.

Welche Rolle spielt die Location bei deiner Bildsprache?

Eine große. Die Paare entscheiden sich ja nicht ohne Grund für eine bestimmte Location in Italien oder auf Mallorca und lassen dann 100 Leute dorthin einfliegen. Der Himmel, das Wetter, die Abendstimmung, der Regen am Morgen und der Moment, in dem das Licht durchbricht – all das hat ihre Wahl beeinflusst. Und das versuche ich rüberzubringen, indem ich den Ort und seine Umgebung in die Reportage miteinbeziehe. Es sind genau solche Details, die zu einer schönen Erinnerung beitragen.

Meer, Wüste, Berge: Wo fotografierst du am liebsten und unter welchen Bedingungen?

Frankreich, Spanien, Italien: Ich mag alles, was mediterran ist. Noch lieber als am Meer fotografiere ich in den Bergen. Schöne Aussicht und Himmel, das kommt immer gut. Gerade mit Wind kann man super arbeiten. In der Regel folge ich dem Weddingplaner und dem Programm, empfehle dann aber eine Uhrzeit, die sich günstig auf Licht und Hitze auswirkt. Um Schlagschatten zu vermeiden, eignet sich zum Beispiel der Nachmittag und der Abend. Das passiert aber immer alles in Absprache mit dem Weddingplaner.

Du hast in deiner Ausbildung die klassische analoge Fotografie gelernt. Inzwischen bist Du umgestiegen und setzt auf digitale Technik. Was sind die Vorteile?

Bei Hochzeiten finde ich Digitalfotografie schon allein deswegen optimal, weil man sofort die Gewissheit hat, wie es aussieht. Wenn die Kamera verunreinigt ist, dann habe ich das später nicht auf jedem Foto, sondern merke es sofort. Auch bin ich von der Menge der Bilder her nicht eingeschränkt. An einem normalen Hochzeitstag schieße ich locker zwischen 4.000 und 5.000 Bilder. Kommt ein Second Shooter dazu, schnell das Doppelte.

Analog, also „auf Film“ zu fotografieren, bedeutet, dass Filmrollen gewechselt werden müssen in der Kamera. Nicht auszudenken, wenn der Film plötzlich leer ist oder beschädigt. Auch ist mir persönlich das Analoge zu unspontan. Digital kann ich schneller reagieren, habe schnellere Verschlusszeiten, kann mit einer höheren Lichtempfindlichkeit fotografieren, als die ISO-Werte bei Filmen das zulassen. Aber der wichtigste Aspekt ist für mich die Sicherheit.  Ich sichere noch während der Hochzeit alles, und das nicht nur auf einer sondern auf drei Festplatten. Wenn ich mir vorstelle, ich knipse die Hochzeit analog und der Koffer mit 100 Filmrollen ginge verloren, was für eine Katastrophe. Für das Brautpaar. Und noch mehr für mich.

Digitalfotografie bietet mir zudem eine höhere technische Kompatibilität. Es gibt viel mehr Verleihe, bei denen ich alles mögliche an Ausrüstung mieten kann. Meine Nikon gibt es in jedem Verleih, da kann ich mir notfalls auch spontan eine Kamera leihen, selbst am Tag der Hochzeit. Analoge Geräte kriegst du hingegen fast nirgends.

Wie erklärst Du Dir, dass insbesondere einige deiner ausländischen Kollegen wieder sehr erfolgreich auf die analoge Fotografie zurückgreifen?

Sie wollen dadurch Wertigkeit und Tradition vermitteln. Auch ich fotografiere in bestimmten Situationen sehr gerne analog, wenn ich die Zeit dazu habe. Dann mache ich zum Beispiel Portraits von meinen Kindern. Aber ich brauche diesen „Ritterschlag“ nicht, um meine Arbeit als hochwertiger zu verkaufen. Selbst weltweit namhafte Fotografen haben inzwischen auf digital gewechselt. Sie arbeiten dafür mit Presets, die einen analogen Look kreieren. Andere wiederum fotografieren analog und digitalisieren die Bilder nachträglich.

Ist das nicht zu viel des Guten?

Kommt darauf an, was man damit aussagen und erreichen will. Natürlich gibt es große Fotokünstler, die immer schon analog fotografiert haben – und das aus gutem Grund: Wenn jemand mehr aussagen will, als auf dem Motiv zu sehen ist. Wenn also das Fotografieren selbst bereits ein Prozess ist und der Fotograf sein künstlerisches Ich kommunizieren will. Doch dann brauche ich dazu keine 500 Filme. Sondern einen einzigen. Für meine Arbeit als Hochzeitsfotografin wäre das jedenfalls nicht zielführend, denn auf einer Hochzeit steht ja nicht mein künstlerisches Ich im Mittelpunkt, sondern das Brautpaar, das ich an diesem Tag begleite. Am Ende des Tages verkaufe ich immer noch eine Dienstleistung, auch wenn die Leute mich für einen eigenen Look buchen und ich wirklich sehr viel Herzblut in jeden einzelnen Auftrag stecke.

Was manchen nicht klar ist: In professionelle Hochzeitsfotos muss man Zeit und Geld investieren.

Eines sollte man nicht vergessen: Man bezahlt nicht nur den Arbeitsaufwand für diesen einen Tag oder das Wochenende: Die eigentliche Arbeit beginnt anschließend erst. Ich mache tausende Fotos, allein das Sichten des Materials dauert etwa 60 Stunden. Dann erstelle ich die Auswahl und beginne mit der Bearbeitung, locker weitere 80 Stunden. Insgesamt bin ich also rund einen Monat Vollzeit mit Post-Produktion beschäftigt. Da ich parallel auch noch andere Auftraggeber bediene, müssen Kunden bis zu sechs Wochen warten. Natürlich bekommen sie bei Bedarf vorab zwei, drei Fotos, die sie ihren Familien schicken können.

Was haben deine Kunden am Ende vorliegen?

Vom klassischen Fotoalbum, über eine digitale Reportage bis hin zur Online-Gallery. Wenn jemand einen Abzug in zwei auf drei Metern haben möchte, bekommt er ihn. Am beliebtesten sind Fotoreportagen in digitaler Form. Natürlich werden sie mit einem Passwort geschützt. So können die Brautpaare selbst entscheiden, wer in welchem Umfang Zugriff darauf erhält oder wem sie lieber nur eine kleinere Auswahl zeigen möchten.

Was unterscheidet einen männlichen von einem weiblichen Hochzeitsfotografen?

Da gibt es erst einmal keine nennenswerten Unterschiede. Höchstens vielleicht beim „Getting ready“, weil es da sehr intim und nah zugeht. Gerade am Anfang kann es sein, dass es der Braut angenehmer ist, sich in Gegenwart einer Frau anzuziehen. Ich mache zum Beispiel häufig erotische Bilder. Wenn wir Frauen unter uns sind, kommt so eine Stimmung auf wie unter Freundinnen, dann ist das für die Braut einfacher. Ich kann mir übrigens vorstellen, dass sich auch Männer in so einer Situation bei einer Frau wohler fühlen. Allerdings sind die Fotografen im Luxussegment so professionell, da ist das nicht mehr so gravierend.

Wie entspannen sich die Brautleute beim Fotoshooting am besten?

Zwei Dinge: Gute Laune und Champagner. Manche sind so aufgeregt, da würde ich gleich drei Gläser empfehlen. Andererseits gehört ein bisschen Aufregung auch dazu.

Schon mal eine Katastrophe erlebt?

Hmm – außer, dass kurz vor der Hochzeit ein Kleid gerissen ist? Nein.

Und einen Plan B aus dem Ärmel gezaubert?

Ich habe viele Jahre in der Produktion gearbeitet und bin sehr schnell im Finden von Lösungen. In der Regel fällt später niemandem auf, dass es überhaupt ein Problem gab. Wenn der Kunde manchmal im Nachhinein wüsste, was alles schiefgelaufen ist, der würde noch nachträglich Angst kriegen. Aber ich würde alles tun, damit es weitergeht: bei jedem Nachbarn klingeln, um eine Reservekamera zu organisieren oder sämtliche Touristen fragen, ob sie mir ihre Kamera verkaufen. Und das Gute ist ja auch: Ich kann immer auf die Unterstützung des Weddingplaners zählen. Wenn die Zusammenarbeit schon so toll eingespielt ist wie mit Fine Weddings & Parties kann eigentlich gar nichts schiefgehen.

Danke für das Gespräch.

Eure Nadine

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